Interview mit Mischa Miltenberger und Melanie Müller
Lieber Mischa, Liebe Melanie! Ich freue mich, euch heute interviewen zu dürfen. Stellt euch bitte erst einmal vor: Wer seid ihr, was macht ihr beruflich und wie habt ihr euch kennengelernt?
Mischa: Hallo, liebe Moni, die Freude ist ganz unsererseits! Ich bezeichne mich gerne als professionellen Mutmacher. Auf meinem Blog Adios Angst – Bonjour Leben erzähle ich von meinem Weg heraus aus Angst und Depression.
Meine Leser erfahren, wie ich mein Leben komplett umgekrempelt habe und bekommen von mir jede Menge Tipps zur positiven Lebensführung und Beispiele anderer Menschen, die Mut machen.
Mein Credo lautet: Du hast jederzeit die Möglichkeit, dein Leben zu verändern und kannst selbst zu deiner psychischen und physischen Gesundheit richtig viel beitragen.
Davon hat sich augenscheinlich auch Melanie inspirieren lassen. Sie hat meinen Blog gelesen, mir einfach mal eine Facebook-Nachricht geschickt und geschrieben, dass sie auch im Allgäu wohnt. Als wir uns das erste Mal getroffen haben, war schnell klar, dass uns außer der Tätigkeit als (freie) Journalisten noch viel mehr verbindet – zum Beispiel das erfolgreiche Absetzen von Antidepressiva.
Melanie: Wir haben ähnliche Erfahrungen gemacht – mit Antidepressiva, aber auch mit verschiedenen Werkzeugen, die uns geholfen haben, unser Leben so zu verändern, dass wir keine Psychopharmaka mehr brauchen. Nach 20 Jahren mit Depressionen und Ängsten fühle ich mich heute stabil und zuversichtlich.
Auf Mischa bin ich zugegangen, weil ich es ermutigend finde, sich mit anderen auszutauschen, die einen ähnlichen Weg gegangen sind. Deshalb spreche ich auch in meinen Texten für verschiedene Magazine und Blogs sowie als Yoga- und Achtsamkeitslehrerin offen über meine Erfahrungen und Hilfsmittel. In meinen Workshops gebe ich diese Strategien und Übungen weiter.
Der Anstoß zu diesem Interview ist die Veröffentlichung eures E-Books mit dem Titel „Antidepressiva absetzen“, welches am 16. Oktober 2016 erscheint. Worum geht es in diesem Buch? Für wen könnte das Buch ansprechend sein?
Mischa: Wir haben einen ermutigenden Leitfaden geschaffen, der das Thema von vielen Seiten beleuchtet. Ein Werk, das ganz viel positive Hilfestellung liefert, die Leser an die Hand nimmt und sie durch die (meist) schwierige Zeit begleitet.
Mit unseren eigenen Geschichten zeigen wir, dass es tatsächlich möglich ist, selbst nach vielen Jahren Antidepressiva erfolgreich abzusetzen. Zugleich sprechen wir durch Interviews mit verschiedenen Experten – darunter bist dankenswerterweise auch du – die potenziellen Probleme offen an und zeigen Lösungen auf, die bei uns funktioniert haben.
Wer aus seinem ganz individuellen Grund heraus den Entschluss gefasst hat, Antidepressiva abzusetzen, dem bieten wir umfangreiche Informationen und Tipps. Angehörigen von Betroffenen, die mit einem solchen Gedanken spielen, zeigen wir, dass dieses Unterfangen weder verrückt noch hoffnungslos ist. Vielleicht sind auch Leser dabei, für die das Thema gefühlt noch in weiter Ferne ist. Auch sie können sich im Buch einen guten Überblick verschaffen.
Woher kam eure Motivation euch mit einem so heiklen Thema auseinanderzusetzen beziehungsweise könnt ihr euch an den Moment erinnern, als ihr beschlossen habt, dieses E-Book zu schreiben?
Mischa: Wir haben das Buch geschrieben, das wir selbst gerne vor dem Absetzen von Antidepressiva gelesen hätten – nur gab es das damals nicht.
Schon bei unserem ersten Treffen haben wir festgestellt, als wir unsere Erfahrungen ausgetauscht haben: Es gibt fast keine deutschsprachige Literatur zu dem Thema, dafür viele Horrorgeschichten und so gut wie keine ermutigenden Beispiele. Damit stand unser Entschluss fest.
Falls es noch einer weiteren Motivation bedurft hätte: Dieser Artikel über meine Erfahrungen in der letzten Absetzphase im Sommer 2015 ist mit Abstand der meist gelesene und am häufigsten kommentierte auf meinem Blog. Dazu habe ich hunderte von Mails (meist) verzweifelter Leser bekommen, denen ich leider nie so ausführlich antworten konnte, wie ich wollte.
Jetzt kann ich bzw. können wir endlich ein umfangreiches Werk anbieten, in dem wir etwas gegen die große Unsicherheit tun und den Lesern positiv-begleitende Strategien an die Hand geben
Habt ihr schon erste Rückmeldungen auf die Ankündigung der Buchveröffentlichung erhalten? Ich kann mir vorstellen, dass viele Betroffene dankbar sein werden, dass über dieses Thema gesprochen wird? Gibt es auch Kritik – und wie geht ihr damit um?
Mischa: Die Reaktionen sind zum Glück größten Teils sehr positiv. Wir erhalten viele Mails, in denen uns Menschen schildern, wie sehr sie sich auf das Buch freuen und sie schon gespannt darauf sind, was wir alles reingepackt haben. Aus Sicht der Betroffenen bieten wir augenscheinlich eine wichtige Hilfestellung. Auch Apotheker und Heilpraktiker haben schon angefragt, ob das Buch etwas für ihre Kunden bzw. Patienten sein könnte.
Kritik gibt es auch. Darauf waren wir vorbereitet.
Da kommen Aussagen, wie: „Ihr schürt Ängste“, „Ihr seid keine Ärzte“, „Das dürft ihr nicht!“, „Ihr bekommt Riesenärger“ und „Das ist verantwortungslos“. Wir können diese heftigen Emotionen bei diesem Thema verstehen. Gleichzeitig zeigen sie uns, dass es höchste Zeit ist, all den Fragen rund um das Absetzen von Antidepressiva endlich eine größere Öffentlichkeit zu verschaffen.
Insofern: Ja, wir dürfen das, weil wir sehr sensibel mit dem Thema umgehen und niemandem zum Absetzen überreden oder behaupten, dass es besonders einfach wäre (zum Glück ist es das in manchen Fällen sogar). Aus unserer Sicht wäre es eher verantwortungslos, nicht darüber zu schreiben.
Melanie: Uns war klar, dass es eine Art Tabu ist, über das Absetzen von Antidepressiva aus Sicht der Betroffenen so offen zu sprechen.
Mich hat dann doch überrascht, wie nervös viele geworden sind, wenn ich von unserem Projekt erzählt habe. Letztlich hat es mich noch mehr motiviert, denn ich finde es traurig, dass sich so viele Menschen mit ihren Depressionen und Ängsten, aber auch mit ihren Unsicherheiten rund um das Thema Antidepressiva verstecken. Dabei sind so viele davon betroffen. Wir sollten darüber also endlich offen reden.
Ein Kernthema meines Blogs sind „Alternativen zu Psychopharmaka“. Gibt es aus euren persönlichen Erfahrungen heraus alternative Möglichkeiten zu einer Antidepressiva Einnahme, wenn man sich in einer Krise befindet? Was hätte euch damals geholfen (vieles weiß man ja leider erst rückblickend)? Beziehungsweise gab es während eures Absetzverlaufes etwas oder jemanden, der eine große Stütze war?
Mischa: Ja, hinterher war ich auch schlauer 🙂
Aus meiner Sicht sind die Themen Sport bzw. Bewegung im Freien, gesunde Ernährung (am besten ohne Alkohol) und aktive Entspannung durch Yoga und Meditation extrem wichtige Eckpfeiler. Sie haben mir nach meiner schwersten Krise geholfen, dass ich wieder Land gesehen habe.
Sie waren beim Absetzen mein bester Begleiter und sie helfen mir heute noch jeden Tag dabei, dass es mir gut geht, dass ich fit bin und dass ich keine Medikamente mehr benötige. Vor eineinhalb Jahren waren es noch 5 Medikamente pro Tag.
Ebenso kann ich jedem nur empfehlen, einfach mal ehrlich in sich hineinzuhören und zu fragen: „Was sind meine wirklichen Bedürfnisse? Was tut mir gut? Was hat mir schon immer Freude gemacht? Was will ich unbedingt mal tun?“
Und dann ganz viel davon auch wirklich tun. In einer akuten Krise fällt das vielleicht noch schwer. Doch sobald es ein bisschen aufwärts geht, ist die beste Gelegenheit dazu, eine Wende einzuläuten.
Ich habe mir vor dreieinhalb Jahren gesagt: „Die Gesundheit steht für mich ab jetzt an erster Stelle. Punkt.“ Diese Klarheit und Konsequenz hat mein neues Leben erst ermöglicht.
Melanie: Ich würde da gerne einhaken, weil ich das aus Erfahrung bestätigen kann: Für mich war und ist es unverzichtbar, mein Wohlbefinden konsequent an erste Stelle zu setzen. Das fällt mir nicht immer leicht, weil ein Teil von mir es gerne allen recht machen würde. Aber das klappt sowieso nicht und der Preis ist, dass ich mich verausgabe.
Besonders wichtig waren auf meinem Weg außerdem die Themen Achtsamkeit und Selbstmitgefühl. Ich habe inzwischen gelernt, meine Gedanken und Gefühle mit etwas Abstand zu betrachten und nicht immer zu glauben, was ich so denke. Man kann durchaus entscheiden, in gewohnte Grübelspiralen oder emotionale Dramen nicht einzusteigen, sondern sie einfach mit einer akzeptierenden Haltung wahrzunehmen und vorbeiziehen zu lassen wie ein Gewitter.
Außerdem übe ich jeden Tag freundlich und fürsorglich mit mir selbst umzugehen. Das ist eine der wichtigsten Strategien für mich persönlich: Meine erbarmungslose innere Kritikerin nicht mehr ans Steuer zu lassen, sondern mir selbst eine gute Freundin zu sein.
Ein letzter wichtiger Punkt wäre für mich, dass ich gelernt habe, um Hilfe zu bitten und diese anzunehmen. Zu wissen, dass ich nicht alleine bin und es Menschen gibt, die an mich glauben, ist für mich ein starkes „Antidepressivum“.
Wo kann man das E-Book ab Mitte Oktober kaufen, wenn man Interesse daran hat? Gibt es eine Möglichkeit, „in das Buch hineinzuschnuppern“, um einen ersten Eindruck zu bekommen?
Mischa: Das E-Book wird es auf der Seite http://antidepressiva-absetzen.com zu kaufen geben.
Aktuell können sich Interessierte für unseren Newsletter eintragen. Dort erfahren die Abonnenten am Erscheinungstag als Erstes von der Veröffentlichung. Und sie können ein Probekapitel vorab lesen. Wir haben den Link dazu zwar im letzten Newsletter schon verschickt, doch hängen wir ihn gerne beim nächsten Mal nochmal an. Dann haben auch deine lieben Leser etwas davon, die sich jetzt noch in die Liste eintragen. Alle ganz Neugierigen finden auf der oben genannten Seite jetzt schon einen Link zu unserem Vorwort, das uns sehr wichtig ist.
Zum Abschluss: Habt ihr in der Zukunft vor, euch weiterhin diesem Thema zu widmen?
Mischa: Das lässt sich wohl nicht vermeiden, wenn wir demnächst in den großen Talkshows zu Gast sind (lacht). Okay, im Ernst: Das Thema liegt uns sehr am Herzen. Wenn wir mit unseren Geschichten die Öffentlichkeit ein wenig sensibilisieren könnten, wäre das großartig. Gerne stehen wir für Interviews parat. Ganz sicher werden wir auf unseren Blogs darüber berichten, was nach der Veröffentlichung alles passiert. Und wir werden das Feedback unserer Leser sehr ernst nehmen und das Buch für die nächste Auflage noch besser machen.
Melanie: Mir ist es wichtig, das weiterzugeben, was mir geholfen hat, weil ich weiß, dass man sich während des Absetzens von Antidepressiva sehr unsicher fühlen kann – aber auch, dass es wirksame Strategien gibt, um das eigene Leben neu und positiv zu gestalten. Ich würde mich freuen, wenn wir den einen oder anderen mit unserem Buch ermutigen können.
Vielen Dank für das Interview!
Gewinnspiel
Mischa und Melanie stellen exklusiv drei Bücher für eine Verlosung bereit 🙂
Das Gewinnspiel ist beendet. Herzlichen Glückwunsch an Karoline, Carly und Susann!
Teilnahme am Gewinnspiel: Bitte beantworte folgende Frage: Wieso möchtest du das Buch gewinnen?
Die Antwort kannst du gerne in das Kommentarfeld schreiben, ansonsten an: (eine kurze Antwort genügt)
Das Gewinnspiel läuft bis Freitag, den 14. Oktober 2016.
Die Details (Datenschutz) findest du bei den allgemeinen Gewinnspiel-Richtlinien von My Free Mind.
Interviewpartner: Der freie Journalist Mischa Miltenberger schreibt auf seinem Blog “Adios Angst – Bonjour Leben“ darüber, wie er nach zwei Jahrzehnten mit Depression und Panikattacken seit 2013 einen neuen Weg eingeschlagen und sein Leben umgekrempelt hat. Inzwischen lebt er medikamentenfrei, obwohl er zeitweise mehrere Antidepressiva gleichzeitig genommen hat. Melanie Müller ist freie Journalistin sowie Yoga- und Achtsamkeitslehrerin. Nach rund 20 Jahren mit rezidivierenden Depressionen, Panikattacken und einer ganzen Reihe von Medikamenten ist sie heute medikamentenfrei und hat mit sich und ihren Ängsten Freundschaft geschlossen. Eine wichtige Rolle auf dem Weg dahin hat ihre Achtsamkeitspraxis gespielt, deren Vermittlung ihr deshalb besonders am Herzen liegt.
Ich möchte das Buch gewinnen weil ich seit fast drei Jahren immer noch unter dem Absetzsyndrom leide. Ich finde es unheimlich wichtig dass hierzu endlich ein Buch gibt. Habe mir selbst schon Gedanken meine Erfahrungen zu Blatt zu bringen.
Weil wir leider familiär betroffen sind.
Viele Grüße Sonja
Liebes My Free Mind Team,
ich möchte gern das Buch gewinnen, da ich nun 27 Jahre alt bin und seit knapp 8 Jahren immer wieder auf neue Tabletten eingestellt werde. Ich habe schon seit langem den Wunsch ganz ohne diese Psychopharmaka auskommen zu können, aber Angst vor Nebenwirkungen – psychisch wie physisch. Und weil ich denke, dass das meinem Körper auf Dauer nicht gut tun kann. Ich möchte endlich wieder sagen „es geht mir gut“ – und das habe ich keiner Tablette zu verdanken…sonder nur mir.
Vielleicht schaffe ich das mit Eurem Buch ♡
Liebe Grüße, Christin
Ich würde mich sehr über das Buch freuen. Ich finde es interessant und lese gern etwasuüber dieses Thema.
um mir und anderen betroffenen zu helfen.