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Erfahrungsbericht: Psychose – Heilung ist möglich!

22. November 2017 by Moni 4 Comments

Heute gibt es einen wertvollen Erfahrungsbericht am Blog. Michael hat mich per E-Mail kontaktiert und mir von seinen Erfahrungen erzählt. Er möchte anderen Betroffenen Mut machen, Wege aufzeigen und betonen, dass man sich Zeit lassen sollte. Um mit Michael in Kontakt zu treten, könnt ihr in das Kommentarfeld unter diesem Beitrag schreiben, er wird bestimmt mitlesen.
Danke für deine Offenheit, Michael! 
Und dass du dir Zeit genommen hast, anderen Mut zu machen.

 

Vier Jahre vor dem Verfassen dieses Beitrages erhielt ich die Diagnose Schizophrenie.

Für die meisten Betroffenen ist es hart, als „unheilbar“ bezeichnet zu werden.

Heute sehe ich das so: Die Begriffe „gesund“ und „krank“ sind relativ.

Soll heißen, es gibt keinen Zustand absoluter Krankheit, ebenso wenig gibt es einen Zustand absoluter Gesundheit. In allen Organismen existieren Gesundheit und Krankheit gleichzeitig. Zeitweise ist das eine aktiver, dann wieder das andere.

Die Dosis an Medikamenten, die mir damals verschrieben wurde, habe ich über die Jahre auf weniger als ein Zehntel reduzieren können; weitere Schritte folgen.

Aus den Erfahrungen, die ich auf meinem bisherigen Weg der Heilung gemacht habe lassen sich folgende Hilfestellungen für Betroffene ableiten:

Der erste und entscheidende Schritt besteht in der Überzeugung, dass ein glückliches, gesundes Leben immer möglich ist, und dass es so etwas wie „Unheilbarkeit“ nicht gibt.

Heilung geschieht dann auf mehreren Ebenen:

Körperliche Ebene / „Bauch“

Emotionale Ebene / „Herz“

Geistige Ebene / „Kopf“

 

Bauch

Davon ausgehend, dass viele Betroffene während des psychotischen Erlebens stark im Kopf sind (störende Gedanken, Halluzinationen,…) sollen zuerst heilsame Faktoren auf körperlicher Ebene angesprochen werden.

Glücklicherweise wird dies auch von Ärzten erkannt, und die körperliche Betätigung ist bei Therapien in psychiatrischen Abteilungen ein fixer Bestandteil.

Hilfreich sind z.B.:

– Sport: Schwitzen, auch Schwimmen oder Sauna

– Haus- und Gartenarbeit: Kochen, Putzen, Geschirr spülen,…

– Feinmotorische Arbeit: Basteln und andere Tätigkeiten für die Geschicklichkeit, vgl. Ergotherapie

– Techniken zur körperlichen Entspannung: Yoga, Qigong,…

 

Herz

Auf emotionaler Ebene spielen folgende Faktoren eine Rolle bei der Heilung:

– Heilsames soziales Umfeld: Eine Gruppe/Team von Menschen suchen, die an eine Genesung glauben und diese unterstützen. Das können sein: Familie, Freunde, Ärzte, Therapeuten, Alternativ-Mediziner, Kursleiter,…

– Offene Gespräche mit Vertrauenspersonen: Statt sich zu verschließen – die eigenen Ängste aussprechen, evtl. auch niederschreiben.

– Emotionaler Ausdruck: Schwierige Gefühle in Form von Kunst, Musik,… ausdrücken (vgl. Musiktherapie)

– Soziales Engagement: Auch am Wohlergehen von anderen Menschen interessiert sein. Das kann z.B. den Austausch mit einer Gruppe von Betroffenen einschließen, oder den Wunsch, andere von den eigenen Erfahrungen profitieren zu lassen.

 

Kopf

Aufbauend auf einem guten Körpergefühl und emotionaler Balance ist schließlich die Beschäftigung mit der geistigen Ebene wesentlich für eine Heilung.

In akuten Phasen der Gedankenflut können folgende Techniken helfen:

– Fokus nach außen: Dinge in der Umgebung wahrnehmen und benennen, nichts hinzufügen. z.B. „Da fährt ein grünes Auto“, oder nur „grün“.

– Unangenehme Gedanken aufschreiben und ihnen angenehme Dinge entgegensetzen: z.B. „Was tut mir gut, worüber kann ich mich freuen?“

Wenn Gedankenwildwuchs, Ängste, Missinterpretationen, Halluzinationen,… einigermaßen unter Kontrolle bzw. weniger bedrohlich geworden sind, wird das Training von Achtsamkeit auf inneres Geschehen möglich. Hierzu sollen einige Übungssysteme genannt sein:

– Qigong

– Yoga

– Mindfulness-Based Stress Reduction

– Meditation im Sitzen, Gehen, und andere Formen

Es empfiehlt sich, verschiedene Varianten unter Anleitung auszuprobieren, um zu sehen, was einen anspricht.

Mit zunehmender Erfahrung werden die drei Ebenen sich gegenseitig unterstützen und allmählich ineinanderfließen.

 

Hinweise zum Reduzieren von Medikamenten:

Viele von uns spüren, dass Neuroleptika mehr schaden als helfen. Leider kann man körperliche Abhängigkeit von einer Substanz nicht von heute auf morgen aufgeben.

Es ist also Geduld angesagt. Persönliche Entwicklung auf allen drei oben erwähnten Ebenen unterstützt jedenfalls den Reduktionsprozess.

Wichtig sind also:

– Disziplin

– Dem Körper Zeit geben und auf ihn hören

– Reduktionsschritte mit dem Team/ Vertrauenspersonen besprechen

– Das Führen eines strukturierten Tagebuchs, um Reaktionen auf die letzten Schritte analysieren zu können und daraus zu lernen

– Bei „Rückschritten“ nicht den Mut verlieren

 

Weitere Hinweise:

– Eigenverantwortlichkeit und Selbstständigkeit fördern

– Geduldig mit Personen sein, die noch an der Möglichkeit der Heilung und Medikamenten-Reduktion zweifeln

– Geduldig und liebevoll mit sich sein

– Ziele setzen, weiteres Leben planen

 

…und zum Abschluss:

In gewisser Weise kann der menschliche Geist mit dem Internet verglichen werden: Dort kursiert eine Menge sinnloser, dubioser, unmoralischer oder erschreckender Inhalte. Manche Menschen sitzen stundenlang vor dem Computer und ziehen sich das rein.

Um dem zu entgehen gibt es mehrere Möglichkeiten: Man kann gesunde, erfreuliche und hilfreiche Seiten aufsuchen. Man kann die Nutzung des Internets einschränken oder darauf verzichten. Und schließlich gibt es die Möglichkeit, selbst einen nützlichen Beitrag rein zu stellen.

In diesem Sinne wünsche ich allen Menschen, die sich in einer psychischen Krise befinden oder bereits am Weg der Heilung sind alles Gute.

Mögen Vertrauen, Liebe und Mut weiter wachsen!


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Filed Under: Interviews und Gastbeiträge Tagged With: Erfahrungsbericht, Psychose

Comments

  1. Sensitive

    7. Dezember 2017 at 19:44

    Mit so einer Diagnose zu leben ist hart, mir wurde sie auch gegeben. Mein Leben ist noch nicht so im Einklang und ich freue mich immer über positive Erfahrungsberichte, denn es ist schwer mit den doch sehr starken Medikamenten noch am Leben teilzunehmen, ich habe meine Medikamente in den letzten sechs Jahren auf ein Drittel reduziert und man fühlt sich gleich viel lebendiger.

    Antworten
  2. Erdungspuls90

    26. April 2018 at 21:41

    Ich beschäftige mich jetzt schon länger mit der Heilung meiner Psychose, „leider“ habe ich vor einem Monat beschlossen mit einer Reduzierung bis Ausbildungsende zu warten. Da ich sonst mit zu starken ausfällen rechnen kann….Leider muss auch ich mit diversen Nebenwirkungen leben, hoffe irgendwann einmal einfach nur ich mit vollem geistigen Potential sein zu können ungequält von gedanken die ich nicht oder nur indirekt initiiert habe und sich dadurch ein gedanken Zwangsgeflecht bildet . Das durch frühere emotionale kränkungen und unbefriedigte bedürftnisse hervorsticht. Vulnarable Persönlichkeitsanteile besitze ich natürlich auch und möchte gerne lernen mit ihnen harmonisch zu interagieren. Nur es ist immer die Frage wo macht man weiter, ich erhoffe jemanden für direkten austausch und gemeinsame hilfestellung zu finden.
    Ich finde diesen Artikel sehr hilfreich und wünsche allen eine gute Genesung.

    Mit freundlichem Gruß
    M.R.

    Antworten
    • Moni

      27. April 2018 at 07:19

      Hallo, Es ist kein leichter Weg und ich würde auch nie pauschal sagen: Es ist für alle ohne Medikamente besser. Natürlich ist es aber eine Option, wenn man sie nicht verträgt oder die Lebensqualität dadurch sinkt. Was ich auf jeden Fall allen ans Herz legen möchte: Geht diesen Weg nicht alleine, holt euch Unterstützung. Es gibt so viele verschiedene Angebote und man darf sich auf diesem sowieso schon harten Weg auch Hilfestellungen holen. So ist ein Erfolg leichter möglich und es gibt jemanden, der bei Rückfragen/Rückschlägen und Problemen helfen und Alternativen aufzeigen kann. Alles Gute, Moni

      Antworten
      • Erdungspuls90

        27. April 2018 at 08:27

        Ich werde mir auf jeden Fall professionelle Hilfe suchen wenn ich diesen weg beschreiten will, leider fand ich noch keine einrichtung die diese Art von Reha anbietet, ich denke es ist für mich wichtig, mich wohl zu fühlen und jemanden nicht nur auf freundschaftlicher ebene zu haben der mich unterstützt sondern auch auf professioneller Ebene der mir Feedbacks gibt, damit ich eine möglichst Objektive Fremdperspektive
        erhalte da meine wahrnehmung sehr in eine gekränkte Subjektivität rutscht. Ohne Medikamente ist eben kein leichter Weg aber ich denke in meinem Fall, es ist machbar…..

        Antworten

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