Ich habe diesen Erfahrungsbericht aus dem englischen Original übersetzt.
Jahrelang litt ich unter schrecklichen Depressionen.
Als Jugendliche funktionierte ich im Alltag immer schlechter; das Einzige, was mir Erleichterung brachte, waren Gedanken an das Sterben. Da wurde mir klar, dass ich Hilfe brauchte.
Ich war damals stolz darauf, zuzugeben, dass ich aktiv nach Unterstützung suchte.
Ich dachte, ich würde somit den Weg zur Heilung beginnen.
Stattdessen war das der Beginn eines Albtraumes, der viele Jahre dauern sollte: Mit einem Dutzend Medikamente, die nicht halfen und Psychotherapeuten, die mit dem Verschlechtern meiner Depression überfordert waren.
Nach 12 Jahren, in denen ich fast alle am Markt verfügbaren Antidepressiva probiert hatte (von denen ich die Höchstdosis nahm, da sie nicht dauerhaft wirkten), hatte ich genug.
Ich war frustriert und erschöpft.
Ich beschloss, ein letztes Mal einen Psychiater aufzusuchen. Diesmal einen, von dem ich gelesen hatte, er würde alternativ arbeiten. Das erste Mal seit langer Zeit fühlte ich einen Hoffnungsschimmer: Ich hoffte, dass er mir etwas anderes raten würde und mir helfen könnte. Stattdessen gab er mir die Diagnose Bipolare Erkrankung.
In dem Moment zerbrach all meine Hoffnung.
Einmal mehr sah ich mich gezwungen, einzusehen, dass der Glaube an meine eigene Normalität nur eine Komponente meiner psychischen Erkrankung war.
An diesem Punkt verlor ich jegliche Hoffnung und jeden Glauben an eine höhere Macht – ich beschloss, zu sterben. Ich distanziere mich emotional von allen Menschen, die ich in meinem Herzen hatte.
Und genau in dieser hoffnungslosen Dunkelheit fiel mir auf, dass es noch zwei Fragen in meinem Inneren gab.
Und ich konnte einfach nicht aufhören, an sie zu denken:
War die Freude und Seelenruhe, an die ich mich aus meiner Kindheit erinnern konnte und die ich mir so sehr wünschte nur eine Illusion meines kranken Geistes? War mein Schicksal wirklich mit so viel Leid besiegelt, dass ich nichts dagegen tun konnte?“
Mir wurde klar, dass ich Antworten auf diese Fragen finden musste.
Es gab nur eine Sache, die ich noch nicht probiert hatte: Auf die leise innere Stimme zu hören, welche nie aufgehört hatte mir zu sagen:
Du bist nicht psychisch krank.
Es ist etwas Besseres für dich geplant.
Das ist nicht der richtige Weg.“
Ich kann nicht genau erklären, wieso mir damals klar war, dass das Ausschleichen aller Medikamente der nächste logische Schritt war. Ich spürte lediglich, dass ich das als nächstes probieren sollte.
Ich vermute, ich wollte zu meinem natürlichen Selbst zurückkehren, um zu erfahren, mit was ich es genau zu tun hatte.
Denn es war mir nicht mehr möglich, mit Sicherheit zu sagen, welche Aspekte meines Leidens ihre Ursache in der Depression hatten und welche Nebenwirkungen der vielen Chemikalien waren.
Also setze ich sie alle ab.
Das Ausschleichen dieser “nicht süchtig machenden” Tabletten führte zu einer unerträglichen Hölle an körperlichen Symptomen:
Die schlimmste Übelkeit, die man sich vorstellen kann, chronische Erschöpfung, Schmerzen am ganzen Körper (ich konnte es nicht ertragen, meine Haut zu berühren), Migränen, Schwindel, Tinnitus, „brain zaps“.
Diese Symptome hielten ein Jahr lang an.
Schlimmer noch waren die psychologischen Symptome des Absetzens.
Es war, als hätte mein Gehirn die (sowieso schon schwach ausgeprägte) Fähigkeit verloren, sich selbst zu regulieren. Ich war voller Wut, hoffnungslos depressiv, halluzinierend, panisch, komplett schlaflos, selbstmordgefährdet, schnell gereizt.
In dieser Phase unterstützte ich meinen Körper mit Nährstoffen, wie B- Vitaminen, Vitamin D und Omega 3 Fettsäuren.
Außerdem aß ich keine glutenhaltigen Produkte mehr, keinen Zucker und keine chemisch verarbeiteten Lebensmittel.
Ich probierte Akupunktur aus.
Und… Ich fand eine neue Psychotherapeutin.
Eine, die selbst an Depressionen gelitten hatte und die ein anderes Verständnis dafür zeigte.
Sie sagte mir, ich müsse die Ursachen für die Depression finden und an den Zeitpunkt in meinem Leben zurückdenken, als sie erstmals aufgetreten sind.
An all die Beziehungen, die mich geformt hatten, als ich jung war und an all der Schmerz, über den ich nie gesprochen hatte und von dem ich nicht einmal wusste, dass er da war.
Diese Fragen wurden mir in all den Jahren, in denen ich in Behandlung stand, nie zuvor gestellt.
Nach einiger Zeit sprach sie außerdem über ein zweites Thema, welches noch kein Behandler zuvor angesprochen hatte: Das Ende meiner Behandlung.
Nachdem ich ein Jahr lang regelmäßig zu ihr gegangen war, fühlte ich mich, als würde ich innerlich erwachen.
Endlich begriff ich, wie jeder Aspekt meines Lebens zu diesem depressiven Zustand geführt hatte und ebenso dazu, ihn aufrechtzuerhalten.
Ich verließ meinen Partner, denn ich hatte eine missbrauchende Beziehung geführt.
Ich verließ die Karriere, die ich hasste, den Zustand, nicht mehr leben zu wollen und die Freundschaften, die nur so lange funktionierten, wie ich ruhig und mangelhaft war.
Im Nachhinein wurde mir klar, dass das Hautproblem darin besteht, wie Depressionen heutzutage verstanden werden und welche Behandlungsmethoden aus diesem Verständnis resultieren.
Auf meiner Reise war einer der Momente, die am meisten zerstört haben, jener, als ich das erste Mal den Mut fand, um Hilfe zu bitten – und sogleich als psychisch krank abgestempelt wurde.
Ich habe viele Jahre mit depressiven Symptomen verbracht und zahlreiche verschiedene Experten im Gesundheitswesen getroffen.
Daher kann ich eine klare Zusammenfassung davon geben, wie diese Experten eine Depression definieren:
Als eine psychische Erkrankung, ein chemisches Ungleichgewicht, welches wir noch nicht gänzlich verstehen. Die Behandlung zielt mehr darauf ab, besser damit umgehen zu lernen, als gesund zu werden.
Es ist nun sechs Jahre her, seitdem ich alle Psychopharmaka abgesetzt habe.
Mein Leben hat sich seitdem stark verändert.
Ich habe mein Leben so umgewandelt, dass ich jetzt darin aufblühe.
Der größte Unterschied ist, dass ich jeden Morgen aufwache und Lebensfreude spüre.
Freude darüber, dass ich existiere.
Nach diesem Gefühl habe ich all die Jahre verzweifelt gesucht und es treibt mir Freundentränen in die Augen, dass ich endlich angekommen bin.
Ich bin zu der Erkenntnis gekommen, dass eine Depression durch zahlreiche, klar identifizierbare Faktoren ausgelöst wird.
Wenn man diese Faktoren bzw. Lebensumstände ändert, verschwindet die Depression.
Dauerhaft.
Leider kann man viele Dinge die viel Seelenleid ausgeloest haben nicht einfach aendern. Unueberwundene Trennung, Verlust der Eltern in der fruehen Kindheit, Gewalterfahrungen usw.
Depressionen bauen sich ueber Jahre auf. Und die Symtome die Sie nach dem Medikamentenentzug nennen bekommen Menschen oft im Beginn einer schweren Depression. Diese halten dann oft auch bis zu einem Jahr an.
Die Krankheit tritt in Schueben auf, kann also mehrere Jahre vorbei sein und ganz ploetzlich oder schleichend wieder zurueckkommen. Es ist jedoch wunderbar, dass Sie sich nun schon so lange gut fuehlen. Ich bin froh fuer Sie.
Liebe Gruesse
Liebe Conny, Danke für die Worte – da ist viel Wahres dran. Ich habe erst diese Woche ein Interview einer Traumatherapeutin gehört, in dem berichtet wird, dass manche Wunden und Narben uns immer erhalten bleiben. Und dass wir doch lernen können, gut zu leben. Auch wenn gewisse Trigger oder schwierige Lebensphasen uns „Rückschritte“ machen lassen. Die Depression ist meiner Meinung nach eine so vielschichtige Erkrankung, dass man viel dagegen tun kann – ganzheitlich und regelmäßig. Und bei jedem Schub aufs Neue.
Die Geschichte hier stammt nicht von mir, ich übersetze auf meinem Blog einige Erfahrungsberichte von Betroffenen aus dem englischsprachigen Raum, um viele Sichtweisen abzudecken und Mut zu machen. Lg, Moni
Dieser Artikel gibt Hoffnung, auf jeden Fall für mich, denn dieser zeigt, dass man es schaffen kann wieder ein gesundes Leben zu führen. Jedoch ist es glaube ich, manchmal auch nicht so einfach die depressionsauslösenden Faktoren komplett zu ändern, auch wenn man sie kennt. Wichtig ist, dass man versucht diese Traumas so gut wie es geht zu bearbeiten und man sollte sich Zeit nehmen. Denn der Körper braucht Zeit und ist manchmal noch nicht bereit sich für diese „Traumas“ zu öffnen, er wird es tun wenn es an der Zeit ist. Beim Ausschleichen der Medikamente braucht es ebenso Geduld mich sich selbst (das ist gar nicht so einfach), Entspannungsmethoden und einen guten Therapeuten. Diesen habe ich gefunden und hoffe das es peu a peu bergaufgeht. Ich habe seit fast 18 Jahren depressive Episoden und eine Angststörung. Seit mehreren Monaten bin ich auf dem Weg des Ausschleichens meines Medikaments, nachdem ich es 6 Jahre eingenommen habe. Ich begegne jeden Tag meiner Angst und versuche so gut wie es geht damit umzugehen, ich mache weiter mit der Hoffnung und dem Ziel, dass ich diese lindern kann und wieder dieses Gefühl der Leichtigkeit und Sonne in mir zu spüren. Liebe Moni, vielen Dank für deinen Blog, dieser hilft mir weiter.
Hallo Marlena, danke für dein Feedback, es freut mich, dass dir die Seite Mut machen konnte. Ich stimme dir in 100% zu – die Ursachen für eine Depression, aber auch für Ängste können sehr vielfältig sein und der Weg aus ihnen heraus ist lang und schwierig. Ich würde niemals behaupten, dass es schnell und einfach möglich ist. Man braucht Ausdauer, sollte einen Schritt nach dem anderen machen und immer wieder verschiedene Unterstützungsangebote ausprobieren – denn mit verschiedenen Methoden oder Helfern wird der Weg ein bisschen einfacher. Am Ende dieser Reise kann man im besten Fall beschwerdefrei leben und hat einen ganz persönlichen „Ressourcen Koffer“ bei sich – mit vielen Methoden, die in Zukunft in schwierigen Lebensphasen helfen können. Ich wünsche dir alles Gute! Lg, Moni
Interessante Geschichte! Hut ab wie du das gemeistert hast.
Ist nicht meine Geschichte, ich habe sie nur übersetzt 🙂 Lg
?? ich muss weinen. Es spricht mir so sehr aus der Seele.
Ich möchte das auch. Wieder ich selbst sein. Bei mir ankommen.
Es scheint ein langer, beschwerlicher Weg zu sein. Ich bin mir nicht sicher, ob ich die Kraft noch habe. Es war bisher schon sooo viele Kämpfe. Ich hatte so sehr gehofft bald anzukommen. Doch jetzt sieht es, nach der Lektüre nach Halbzeit bei mir aus. Das ist frustrierend.
Liebe Kiki, jeder ist individuell und hat seine eigene Geschichte. Ich wünsche dir viel Kraft und dass du durch den Blog Anhaltspunkte und Unterstützungsmöglichkeiten findest, denn niemand muss diesen Weg alleine gehen. LG
Liebe Kiki,
nicht aufgeben. Auch wenn Du es als Halbzeit siehst, Du hast schon eine Hälfte geschafft! Die andere gelingt Dir auch noch!
Alles Liebe, Claudia
Die Geschichte ist gut weil sie ein Happy Ende hat, aber so einfach ist es nicht. Ich leide seit mehreren Jahren unter Depressionen und trotz Medikamenten geht es mir nicht gut. Ich lebe noch aber es ist ein dauer Kampf. Ich bin müde, ausgelaugt, und kein Arzt will noch helfen wenn man nicht mehr arbeiten kann. Das Leben hat keine Qualität mehr und ich lebe nur noch für meine Familie. Die braucht mich, und kann meine Krankheit nicht verstehen weil von außen sieht man nicht viel. Man lernt mit der Zeit sie zu verstecken. Ich liebe sie und möchte sie nicht mit Selbstmord belasten. Das ist die Wahrheit.
Liebe Neila,
ich würde ev mal eruieren, ob es dir vielleicht nicht trotz, sondern WEGEN den Medikamenten nicht gut geht. Gerade diese Dinge, die du erwähnst, bringen mich darauf.
Ich kann dir auch sehr ans Herz legen, das Buch Unglück auf Rezept (P. Ansari) zu lesen, um das herauszufinden.
Du brauchst keinen Arzt, denn die kennen sich null mit Depressionen aus, sondern verschreiben nur Medikamente, von denen sich keins in Studien als hilfreich erwies.
Du brauchst einen guten Therapeuten mit für dich passender Therapieform, um mit deinen Verletzung, Erlebnissen etc umgehen zu lernen. Glaub mir, es klappt.
Ein im Ansatz sehr interessanter Bericht – Bei mir fing es schon im Kindesalter an, indem ich bei jeder Gelegenheit ROT wurde und mich deshalb schämte. Ich versuchte alles, um selbstsicher zu werden und die Stimmung aufzuhellen. Nahm so ziemlich alles, von dem ich glaubte, es könnte dauerhaft helfen (Alkohol, versuchte Drogen wie Haschisch, machte autosuggestive Übungen, nahm stimmungsaufhellende Medikamente bis (leider) hin zu Benzodiazepine (bis heute – Teufelszeug), machte Sprachtherapie, versuchte selbst positiv zu denken etc. …….Alles war vergeblich. Jetzt hänge ich hier, liege im Bett trotz herrlichem Sonnenschein draussen, fuhr noch vor ca. 4 Jahren regelmässig viel Fahrrad, aber all die schönehn Kornfelder oder Tiere oder die gute Luft, die ich dabei sah und inhalierte, gaben mir keine überhaupt keine Freude mehr. Sie war vollkommen weg.- Will letztlich sagen: Nichts hilft oder half mir! Saubermachen, Einkaufen, andere Pflichten erledige ich zwar, aber so, als hätte ich einen schweren Sack auf dem Rücken. Ich denke auch inzwischen, ob es nicht besser wäre, man wäre weg. Die kindliche Freude und Energie war plötzlich total weg. Ich bin zu einem automatisierten Menschen geworden, der an nichts mehr Gefallen hat. Wenn ich dabei an die kommenden restlichen Jahre denke, überfällt mich ein Grausen, auch wie die nahe Verwandtschaft damit umgehen kann. Einfach schrecklich……. Ich warte deshalb immernoch auf die rettende Lösung! Danke aber für den Bericht! Sehr auferbauend.
https://www.gesundheit.gv.at/leben/suizidpraevention/inhalt