Dieser Blogpost beschäftigt sich mit dem „protrahierten Absetzsyndrom“ nach dem Gebrauch von Psychopharmaka (protracted withdrawal syndrome, prolonged withdrawal syndrome) und richtet sich an Langzeitbetroffene.
Protrahiert bedeutet in diesem Zusammenhang lange andauernd beziehungsweise chronisch.
Aus dem Leben einer Langzeitbetroffenen
Eine Bekannte von mir hat sich dazu bereit erklärt, für den Blog aus ihrem Leben zu erzählen. Sie ist (ehemalige) Betroffene eines schweren Absetzverlaufes nach der jahrelangen Einnahme des Selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmers Citalopram, führt jedoch mittlerweile ein normales und beschwerdefreies Leben.
Sie berichtete mir, dass sich der Prozess des Absetzens von Psychopharmaka bei vielen Betroffenen in zwei Phasen gliedert.
Die erste Phase würde aus dem reinen Aushalten bestehen.
Die körperlichen Symptome seien überwältigend gewesen, viele Personen seien bettlägerig und würden einfach irgendwie durchhalten – Tag für Tag.
Die Symptome würden in sogenannten „Wellen“ auftreten und viele Personen würden zwischendurch auch „Fenster“ erleben (damit sind kurze beschwerdefreie Zeiträume gemeint).
In dieser Zeit ist es entscheidend:
- sich über das Absetzen zu informieren
- die Hoffnung auf eine positive und gesunde Zukunft nicht aufzugeben (auch wenn die Phase lange andauert)
- von Angehörigen/Freunden unterstützt und ermutigt zu werden (auch mehrmals am Tag)
- sich zu schonen und nicht zu viel von sich zu verlangen
- die Situation (soweit wie möglich) zu akzeptieren und nicht dagegen anzukämpfen
Eines Tages würden bei vielen Betroffenen die Symptome dann dauerhaft verschwinden.
Danach würde die zweite, ebenso schwierige Phase folgen – die des Wiederaufbauens.
Ein schweres Absetzsyndrom, welches über Monate oder Jahre anhält, fordert seinen Preis.
Man kann es mit einem Hurrikan vergleichen, der durch eine Stadt fegt und alles verwüstet und niederreißt:
Das Selbstvertrauen, die finanzielle Sicherheit, den Arbeitsplatz, die Freunde.“
Monica Cassani, Sozialarbeiterin und Betroffene eines protrahierten Entzugssyndroms sowie Autorin des englischsprachigen Blogs Beyond Meds schreibt in diesem Zusammenhang sogar über eine erlittene Posttraumatische Belastungsstörung durch ein schweres Absetzsyndrom.
Das erscheint mir durchaus plausibel, denn es bedeutet einen kompletten Kontrollverlust, völlige Hilflosigkeit, viele Hindernisse und einen langen Zeitraum, in dem man sich von Tag zu Tag kämpfen muss.
In der zweiten Phase hat man die Chance zu wachsen, sich weiter zu entwickeln und sich viele Kompetenzen und Coping- Strategien anzueignen, denn es geht um
den Wiederaufbau:
- des eigenen Selbstbewusstseins
- der sozialen Kontakte (beziehungsweise den Aufbau neuer Kontakte)
- der Arbeit (im Sinne einer Berufstätigkeit, Hausarbeit oder sonstiger „sinnvoller Tätigkeiten“)
- des Vertrauens in den eigenen Körper
Das Vertrauen in den eigenen Körper wird durch lang anhaltende unkontrollierbare (körperliche und psychische) Symptome so sehr erschüttert, dass man es danach erst wieder aufbauen und neu lernen muss.
Lernen, dass der Körper wieder kräftig und leistungsfähig ist.
Lernen, dass der Körper nicht spontan versagt und nichts Schlimmes oder Unerwartetes mehr passiert.
Gleichzeitig auf seinen Körper zu hören und zu spüren: Was tut mir gut und was nicht?“
Bei diesem Prozess können körperbezogene Therapieformen wie Yoga hilfreich sein.
Beim Praktizieren lernt man sich und seinen Körper besser kennen und es ist möglich, in einem sicheren Raum auszutesten, wo die eigenen Grenzen liegen.
Hat jemand von euch Erfahrungen mit einem langen Krankheitsverlauf nach dem Absetzen von Psychopharmaka gemacht?
Was hat euch in dieser Zeit geholfen?
Ich freue mich über Kommentare!
Hallo,
ich bin jetzt seit fast 3 Jahren im SSRI Entzug !
Es war bis heute die schrecklichste Zeit meines Lebens und ich
bin noch nicht durch!
Mein Immunsystem ist extrem geschwächt (ständig Infektionen),ich habe
Nahrungsmittelunverträglichkeiten,kann nur noch sehr eingeschränkt essen.
Die meiste Zeit verbringe ich auf dem Sofa weil ich eine extreme Schwäche empfinde.
Die sogenannten „Fenster“ sind nicht beschwerdefrei,sondern nur nicht ganz so
schlimm wie die „Wellen“.
Ich ertrage kaum Menschen um mich,bin sofort überfordert.
Eigentlich kann man diesen Zustand kaum beschreiben,dafür gibt es keine Sprache.
Mir hilft nur der Austausch mit Betroffenen,alle anderen können sich nicht einmal im
Ansatz vorstellen wie es einem geht.
Mir hilft auch das Lesen von sogenannten „Erfolgsgeschichten“…..Menschen die diesen Horror
hinter sich haben.Man glaubt nicht,dass es wieder aufhört und ist so alleine wie noch niemals
in seinem Leben.
Es wird aufhören,aber keiner weiß wann…….
Danke fürs Lesen
Gerti
Liebe Gerti!
Danke, dass du deine Erfahrungen mit mir und den Lesern teilst!
Ich muss sagen, dass ich es erschreckend finde, wie viele Nachrichten ich schon von Personen mit sehr lange dauernden „Entzugsproblemen“ bekommen habe!
Ich kann gut nachvollziehen, in was für einer schwierigen Situation du dich befindest, ich habe nämlich in meinem sehr nahen Umfeld auch einen langjährigen und problematischen Verlauf nach dem Absetzen von SSRI mitverfolgt bzw. begleitet (mit gutem Ausgang!) und bin auch der Meinung, dass man sich das Ausmaß ansonsten nicht vorstellen kann. Auf der Universität lernt man (noch) nicht, dass solche Probleme länger als ein paar Monate dauern können und mit den Symptomlisten, die man vorgelegt bekommt, verbindet man natürlich nicht die begleitenden Emotionen wie Angst und Verzweiflung.
Ich hoffe, du achtest in dieser Zeit gut auf dich und überforderst dich nicht.
Ich plane einen Beitrag über das Buch „How to be Sick“ zu schreiben, da es dazu bisher nur englischsprachige Informationen gibt.
Falls du englisch kannst, hier ein Video dazu, denn es zeigt eine Frau, die chronisch krank ist und das Bett kaum verlassen kann. Sie steht diese Zeit durch, indem sie an ihren Gedanken arbeitet, vieles vom Bett aus macht und mit ihrem Buch anderen chronisch Kranken Mut machen will: https://www.youtube.com/watch?v=Ieiqmf8d50o
Meine Plattform ist noch sehr neu, ich werde aber mit der Zeit gerne „Erfolgsgeschichten“ suchen (hier danach fragen), sammeln und auf Deutsch zur Verfügung stellen.
Lg, Moni
Hallo Moni,
die Idee mit den Erfolgsgeschichten sammeln finde ich sehr gut !!
Wir Betroffenen halten uns daran fest,sie sind für uns ein Rettungsanker.
Außerdem brauchen wir Menschen die nicht im Entzug sind,uns aber verstehen
und ernst nehmen (was von Seiten der Ärzteschaft nicht passiert,eher das
Gegenteil !),Menschen die über unseren Leidensweg informieren,wir haben
die Kraft (noch) nicht dazu.
Aber auch ich werde nicht ewig im Glashaus sitzen.
Danke
LG
Gerti
Liebe Gerti! Wenn Geld keine Rolle spielen würde, würde ich mich für ganzheitliche Institute einsetzen und zwar solche, die ohne Medikamente Hilfestellungen anbieten und vor allem Menschen in einem solchen Entzug helfen – und zwar mit Ernährung, Entspannungsmethoden, Rückzugsmöglichkeiten, Naturspaziergängen und und und… Und zwar medizinisch, psychotherapeutisch und leistbar.
Vielleicht schreiben wir ja einmal zusammen an deiner Erfolgsgeschichte? Ich wünsche dir, dass es nicht mehr allzu lange dauert…
Bis jetzt habe ich zwei sehr ausführliche und positive Erfolgsgeschichten, die ich auch bald veröffentlichen werde. Lg Moni
** aktualisiert: Das Buch von Toni Bernhard ist nun auch auf Deutsch erhältlich: „Das wird schon wieder: Mit der Krankheit leben lernen“
Hallo liebe Moni,
Hallo liebe Leidensgenossen,
auch ich leide nun seit einem Jahr an einem schweren, protrahierten Entzug nach jahrelanger Citalopram-Einnahme. Ich habe das Citalopram (unter ärztlicher Aufsicht!!!) kalt entzogen.
Auch ich kann mit Worten nicht beschreiben, was ich durchstehen musste (und es zeitweise immer noch muss). Der Entzug ist die Hölle auf Erden und ich bin mir sicher, dass nicht mal der Teufel persönlich einen Schimmer hätte wovon ich spreche.
Ich weiß, dass es vielen glücklichen Zufällen und einer 24-Std.-Betreuung durch meine Familie, zu verdanken ist, dass ich das überlebt habe.
Ich wurde 24/7 von schrecklichen Suizid- und Gewaltphantasien gequält, ohne eine Chance zu haben, das in irgend einer Form zu beeinflussen. Und das ist nur eins von unzähligen Symptomen.
Ich danke dir Moni für deinen tollen Blog. Du trägst damit dazu bei uns endlich eine Stimme zu geben! Danke.
An alle Betroffenen: Es wird besser! Das ist die Wahrheit…….
Hi liebe Morula!
Danke für deinen Erfahrungsbericht und vor allem die Worte an meine Leser: Es wird besser.
Ich bekam Gänsehaut beim Lesen: In Zusammenhang mit psychiatrischen Medikamenten lese ich oft Negatives und in deinen Worten steckt so viel Leid. Ich habe manchmal das Gefühl, dass wenn man so etwas nicht selbst erlebt (oder bei einer nahestehenden Person miterlebt) hat, man es gar nicht für möglich hält. Umso wichtiger ist dein Beitrag, denn er zeigt: Das Absetzen eines Antidepressivums kann sehr schlimme Folgen haben – doch es wird besser.
Und ich hoffe, es wird nicht mehr lange dauern, bis du ganz gesund wirst!
Lg, Moni
Liebe Moni,
danke für deine Antwort. Du hast vollkommen recht, mit dem was du vermutest:
Keiner kann sich auch nur ansatzweise vorstellen, was in so einem Entzug passieren kann, wenn man es nicht mit eigenen Augen gesehen hat.
Ich selbst habe es nicht für möglich gehalten. Die Akutphase ist ganz besonders grausam und ein echter Höllenritt. Man könnte meinen ich sollte die Kirche mal im Dorf lassen. Aber ich kann jedem versichern: Das ist die Hölle auf Erden. Man ist plötzlich unfähig sich selbst zu versorgen, man kann keine Minute alleine sein, man verliert den Job, man verliert quasi alle sozialen Kontakte, der Alltag ist schier nicht zu bewältigen, man hat panische Angst vor Allem: Vor dem nächsten Tag, vor der nächsten Minute, vor dem nächsten Schritt. Man wird von einem überwältigenden Monster getrieben und es ist nicht möglich zu entkommen. Dann irgendwann kommen die Fenster. Erst für ein paar Sekunden, dann für einige Minuten und irgendwann für ein paar Tage/Wochen. Endlich kann man aufatmen. Die Ruhe, die während diesen Fenstern möglich ist, ist wie pures Gold.
Die Wellen, die folgen, sind allerdings wieder katastrophal. Man wird von 0 auf 100 in diese andere Welt zurück katapultiert und kann einfach nichts tun. Man ist dem Grauen, schlicht und ergreifend, ausgeliefert. Alles was man während der Fenster wieder aufbaut (Job, Freizeit, Freunde) ist erneut bedroht. Dieser Entzug bedroht nämlich einfach alles: Alles was man hat, alles was einem lieb ist und alles was einem die Welt bedeutet.
Überall liest man, dass man auf keinen Fall kalt entziehen bzw. zu schnell absetzen soll. Das ist auch absolut richtig, wenn man die Wahl hat. Aber es gibt Menschen (so wie ich), die keine andere Wahl haben. Entweder, weil sie lebensgefährliche Nebenwirkungen haben, weil der Arzt empfiehlt schnell abzusetzen, oder weil die Medikamente alles schlimmer machen und einfach dringend weg müssen. Für diese Menschen ist das Durchhalten ganz besonders schrecklich, denn sie haben keine Möglichkeit „wieder etwas einzudosieren“.
Zusammenfassend möchte ich sagen: Die Dauermedikation von Psychopharmaka ist lebensgefährlich! Und: Wir alle werden es schaffen und wir werden wie Phönix aus der Asche steigen. Klammert euch daran fest!
Liebe Morula! Ist es für dich in Ordnung, wenn ich dein letztes Kommentar kopiere und in einen Blogpost einbinde? Damit können sich Betroffene sicherlich identifizieren und ich finde den Schluss besonders ermutigend. Ich arbeite im Hintergrund an Artikeln, wie man diese schwierigen Phase am besten übersteht bzw. an solchen, die Hoffnung geben sollen. Ich hoffe, sie werden dir auch gefallen und freue mich immer über dein Feedback. Bis dahin schicke ich dir nach wie vor viel Kraft!
„Stärke wächst nicht aus körperlicher Kraft – vielmehr aus unbeugsamen Willen“. (Gandhi)
Du kannst stolz auf deine Stärke sein!
Lg, Moni
Hallo,
vielen vielen Dank für einen weiteren Blog, der ENDLICH Platz für die fürchterliche Hölle eines Entzugssyndroms bietet!!! Seit nun 2,5 Jahren befinde ich mich in selbigem. Angefangen hat alles mit Nebenwirkungen eines AD`s, was zum Kaltentzug desselben und geradewegs in die Hölle führte. Es folgten 7 Klinikaufenthalte und über 20 verschiedene AD`s und irgendwann Neuroleptika. KEINER der Ärzte kam auch nur auf die Idee, dass es sich um ein Entzugssyndrom handeln könnte. Mein Zustand wurde immer schlimmer und ich hatte nach kürzester Zeit Symptome, die mit meiner Grunderkrankung (Depressionen) NICHTS mehr zu tun hatten. Ich war der festen Überzeugung, verrückt zu werden!
Nach zwei Jahren, in denen Medikamente immer wieder an- und abgesetzt wurden (immer wieder Kaltentzüge) habe ich angefangen, im Netz nach Informationen zu suchen und bin endlich auf Menschen gestoßen, die ähnliches erlebt haben oder noch erleben. Und ENDLICH wusste ich, was ich habe. Mein zuletzt eingenommenes Medikament war ein Benzo, mit dem ich versucht habe, all die anderen Entzüge zu deckeln. Auch das ging schief, da mein Hirn einfach völlig aus dem Gleichgewicht ist. Mein Arzt hat mir einen Absetzplan gegeben, der einem weiteren Kaltenzug nahekam. Der Benzoentzug war noch weitaus schrecklicher als sämtliche vorherigen Entzug und nun bin ich im 7. Monat nach Benzo und 24/7 in der Hölle.
Ich wünsche mir einfach, dass die Menschen besser informiert werden und nicht leichtfertig zu Psychopharmaka greifen. Sie können einfach alles zerstören. Ich habe meine Arbeit, meine Wohnung, meine Beziehung, meine Freunde, meine Stadt verloren und musste zurück zu meinen Eltern, da ich aufgrund der katastrophalen psychischen Symptome unfähig bin, alleine zu leben.
Es ist ein Skandal und ich bete, dass schnellst ein Wandel in den Köpfen der Menschen stattfindet und das Ärzte ENDLICH über Schwierigkeiten unter und größten Problem nach (falschem) Absetzen von Psychopharmaka aufklären!!!!
Vielen Dank für diese Seite!
Freundliche Grüße
bella
Liebe bella!
Ich danke auch dir für deinen (leider tragischen) Erfahrungsbericht und ich stimme dir in allen Punkten zu: Auch ich hoffe, dass es nicht mehr lange dauern wird, bis alle Experten im Gesundheitswesen auf die aktuellen Forschungsergebnisse und Erfahrungsberichte (denn gerade die häufen sich massiv!) eingehen werden. Viele Ärzte wissen es einfach nicht besser, dabei gibt es ja sogar das Manual von Dr. Ashton, welches man berücksichtigen könnte – es basiert auf Forschungsergebnissen…
Es tut mir leid, dass es dir schon so lange schlecht geht und dass all die Klinikaufenthalte keinen Erfolg gebracht haben, das ständige Ändern der Medikamentendosis und die kalten Entzüge – all das sollte nicht so laufen.
Ich finde es aber gut, dass du Antworten gefunden hast, dass du Halt bei deiner Familie bekommst und in Zukunft wird es heißen: Schritt für Schritt ein neues Leben aufzubauen.
Du kannst stolz auf dich sein, dass du all das durchgestanden und trotz der negativen Ereignisse nie aufgegeben hast, ich hoffe, du weißt das.
Danke nochmals für deinen persönlichen Erfahrungsbericht und ich wünsche dir, dass es ab jetzt bergauf gehen mag.
Lg Moni
Ich mache grad auch nen kalten entzug durch(citaopram) und traue mich nicht meine psychiaterin darüber zu informieren, weil ich sicher bin, das gesagt wird die krankheit ist zurück.
vor ein paar jahren hatte ich ein anderes ssri abgesetzt und auch monatelang schwierigkeiten. ich find es furchtbar wieman oft behandelt wird und vor allem das ich keinen kenne der ad genommen hat und die wirklich geholfen haben. decken nur die gefühle und manches sypmptom zu.
Liebe Sabine!
Danke, dass du deine Erfahrungen teilst.
Psychiatrische Medikamente sollte man niemals kalt absetzen 🙁
Ich kann verstehen, dass du befürchtest, deine Psychiaterin würde deine Symptome als wiederkehrende Krankheit sehen – das geht vielen Betroffenen so. Es wird wohl noch ein paar Jahre dauern, bis sich der Umgang mit Absetzsymptomen ändert.
Nichtsdestotrotz würde ich dir gerne ans Herz legen, deine Ärztin zu informieren!! Denk daran: Du hast trotzdem das Recht eigene Entscheidungen zu treffen. Aber wenn du in ärztlicher Behandlung stehst und der Arzt gar nicht weiß was du nimmst – oder eben nicht – und wie es dir geht, ist die Chance für Fehlbehandlungen noch viel größer. Ich würde dir hier zu Ehrlichkeit raten!
Natürlich kannst du andere, für dich besser passende Behandungsmethoden wählen: Psychologen, Therapeuten, Heilpraktiker, Ernährungsberater und und und – es gibt zahlreiche Möglichkeiten!
Ich schicke dir noch einen Link zum risikoarmen Absetzen: Leitfaden
Ich stimme dir zu, dass Antidepressiva Symptome dämpfen, aber niemals Probleme lösen bzw. Ursachen behandeln!
Lg, Moni
Hallo
ich heiße Maik ,und befinde mich auch in einem SSrI Entzug.
Nach nun fast 11 Monatiger Behandlung mit Antidepressiva , es waren jetzt 7 Stück an der Zahl ( die Benzos nicht mitgezählt).
Beim letzten Medikament, ein ganz neues auf dem Markt, auch ein SSrI, entwickelte ich so starke Depressionen und Suiziedgedanken, das mir nichts anderes übrig blieb als es kalt abzusetzen.
Seit 12 Wochen bin ich nun ohne , und es geht mir immer schlechter.
Täglich mehrere Panikattacken, Wahrnehmungsstörungen, Unruhe, kann seit 10 Tagen kaum noch was essen, und Zwangsgedanken. Schon fast psychotisch…
Die Ärzte , die mir die Medikamente verschrieben haben, wollen allesamt nichts von Absetzerscheinungen wissen! Das sei meine Angsterkrankung ,die zurückkommt… unfassbar!
Hallo Maik,
halte durch! Ich weiß was in dir vorgeht! Das was du schreibst könnte auch ich geschrieben haben. Kennst du schon das adfd.org? Falls nicht, wäre das sicher eine gute Möglichkeit Unterstützung und Beratung zu bekommen.
Es wird besser!
Liebe Grüße und ganz viel Kraft!!
Morula
Liebe Morula,
Danke für deine Unterstützung, habe mich sehr gefreut.
Ich habe auch nicht auf deine E-Mail vergessen, ich schicke dir in den nächsten zwei Tagen meine Gedanken dazu.
Alles Liebe, Moni
Lieber Maik,
Es tut mir leid, dass es dir so schlecht geht. Ich hoffe, du hast Unterstützung?
Das Forum, das Morula dir empfohlen hat, ist einen Besuch wert! Dort tauschen sich viele Personen in derselben Lage aus!
Wenn du 7 verschiedene ADs UND zusätzlich Beruhigungsmittel genommen hast und das über einen langen Zeitraum ist es leider(!) nicht verwunderlich, dass es dir jetzt schlecht geht. Der Körper braucht Zeit, um sich wieder umzustellen und zu einem Gleichgewicht zurückzufinden. Das bedeutet gleichzeitig auch, es ist viel Heilungspotential da.
Ich hoffe, du findest auf meinem Blog Hilfestellungen und Anregungen, um diese Zeit gut zu überstehen!
Lg, Moni
Hallo zusammen mein Nickname ist horni, bin auf der Seite adfd.org tätig und habe ein fürchterliches Entzugssyndrom nach der 9 jährigen Einnahme von Paroxetin. Ich möchte berichten das Nachdem ich Paroxetin abgesetzt habe die Höhle durch gelebt habe. Ich dachte in der Tat das ich verrückt werde. Ohne Hilfe von Familienangehörigen wäre ich schon gar nicht mehr hier. Es ist unglaublich dass ich vor der Paroxetin Einnahme nur an Prüfungsängsten lit. Nach dem Absetzen bekam ich Wahnvorstellungen und Panikattacken sowie etliche weitere Symptomatiken. Da es nicht mehr ging wurde ich in der Psychiatrie stationär behandelt. Die Ärzte sollen bei mir keinen Zusammenhang mit Entzugssymptomen und redeten mir ein ich hätte Schizophrenie. Es war die Hölle. Nun bin ich schon im achten Monat im Entzug. Meine kognitiven Fähigkeiten sind stark beeinträchtigt. Ich kann nicht richtig denken und bekomme dauernd Herzrasen. Bei jeder kleinen Stresssituation fühle ich mich überfordert und bekomme eine Panikattacke. Ähnlich wie andere Betroffene habe ich Angst alles zu verlieren. Zusätzlich quälen mich Sehstörungen und ein ständiges Benommenheitsgefühl. Ich kann mein Tagesablauf nicht organisieren und bin auf andere Menschen angewiesen.
Ich grüße alle Leidensgenossen
Horni
Hallo Horni,
Danke für das Teilen deiner Erfahrungen.
Es ist wirklich ein großes Problem, dass Absetzsymptome so häufig mit einer psychischen Erkrankung oder der Ursprungserkrankung verwechselt werden – denn dann wird auch auf eine falsche Art und Weise behandelt und die Betroffenen können sich nicht erholen. Ich bin froh, dass du Unterstützung aus der Familie erhältst und dass du dich bereits im ADFD austauscht und informierst. Leider braucht es oft viel Zeit, um sein Gleichgewicht wiederzufinden. Ich wünsche dir weiterhin viel Kraft und ich hoffe du siehst durch meinen Blog: Du bist nicht allein! Lg, Moni
Hallo…
auch ich möchte euch berichten. Ich musste vor einem Jahr ein SSRI abbrupt absetzen in einer Rehaklinik. Danach begann für mich der Horror. Niemals hätte ich mir träumen lassen,d ass dieses Med. solche Probleme beim Absetzen macht..sonst hätte ich es nicht eingenommen. Einige Wochen später sollte ich auf anraten der Ärzte dieses Med. wieder einnehmen, da wohl der Grund warum ich es abbrupt absetzen sollte wohl doch nicht durch das Medikament ausgelöst wurde. Ich nahm es wieder ein und war froh, dass die Absetzsymptome so vielleicht schnell wieder verschwinden. Pustekuchen….nichts änderte sich mit der neuen Einnahme…das Med. hat nicht mehr gegriffen. Mein Hirstoffwechsel ( glaube ich ) war mittlerweile so gestört durch das abrupte absetzen,d ass es sich nciht mehr beruhigen lies.
Vor 3 Monaten habe ich es erneut abgesetzt. Bin jetzt seit 3 Monaten auf 0. Habe es diesmal aber über 3 Monate ausgeschlichen. Hatte auch zwischendurch ein paar gute Tage, weil ich mich Achtsamkeitsmeditation und PMR regelmäßig arbeite.
Aber nun…geht es mir wieder sehr schlecht. Körperliche Symptome wie massive Erfschöpfung…Stromschläge…Empfindungsstörungen und Schmerzen im ganzen Körper. Negative Gedanken die ihc kaum steuern kann. Es ist die Hölle.
Seit dem abrupten absetzen arbeitsunfähig…also seit einem Jahr. Meine finanzielle Situation sehr kritisch. Freundschaften sind zerbrochen…weil niemand verstehen kann oder will was ich durchmache. Auch wenn ich erkläre oder versuche klar zu machen…es will niemand wissen. Jeder hat Angst davor…auch ich habe große Ängste und bin sehr verzweifelt. Mein Arzt sagt….ich solle unbedingt wieder ein neues AD ausprobieren aber die Tatsache, dass ich es vielleicht wieder absetzen muss, wegen anderer Erkrankungen macht mir so große Angst,d ass ich mich nciht darauf einlassen will. Natürlich setze ich meinen Job aufs Spiel den ich bald wieder antreten sollte. Aber meine Gesundheit setze ich auch aufs Spiel, wenn ich erneut dies AD einnehmen.
Lg
Johann
Hallo Johann, vielen Dank für das Teilen deiner Erfahrungen – damit können sich sicherlich viele Leser im protrahierten Entzug identifizieren. Ich hoffe sehr, dass du Unterstützung bekommst und dass es dir bald besser geht und werde mir Mühe geben, in Zukunft wieder mehr hilfreiche Texte zu diesem Thema auf den Blog zu stellen. Und Erfolgsgeschichten von Personen, die einen solch schwierigen Weg (auch über Jahre) gehen mussten, bis sie wieder zu Beschwerdefreiheit fanden. Kennst du schon das ADFD Forum? Dort findet viel Austausch zum Thema Psychopharmakaentzug statt und es werden auch viele Informationen gepostet. Außerdem hoffe ich natürlich, dass du hilfreiche Artikel auf meinem Blog findest! Lg, Moni
Hallo Moni,
ich bin es.. Morula. Leider bin ich immer noch im Entzug. Mittlerweile sind es über 25 Monate. Ich darf gar nicht drüber nachdenken….
Ich wollte auch noch mal sagen, dass ich es ganz toll finden würde, wenn du Succcessstories ins deutsche übersetzen würdest. Diese Geschichten sind so ziemlich das einzige was Hoffnung macht (wenn man keine mehr hat). Nur als kleine Anregung.
Liebe Grüße an euch alle da draußen.
Hallo Morula – danke dir für das Feedback und die Anregung. Das werde ich auf jeden Fall machen! Tut mir sehr leid, dass du noch immer kämpfen muss – gibt es denn schon bessere Phasen, also „Fenster“? Ich reihe das Übersetzen der Erfolgsgeschichten vor! Die Seite kennst du vermutlich schon, oder? Mit englischen Videos von Betroffenen – Recovery Videos. Lg, Moni
Hallo zusammen
Ich nahm 10 Jahre lang ein SSRI (Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer). Paronex oder Paroxetin, 20mg täglich, morgens.
Im Juni 2015 begann ich langsam, d.h. mit Abschleifen der Tablette (auf Schleifpapier; das geht super!) im Mai 2016 war ich auf 10mg. Ich hab es mal dabei belassen. Momentan also 10mg. Hatte viele Symptome, vor allem Schlafprobleme (Einschlaf- und Durchschlafprobleme), Emotionale „Ausflüge“ (Weinen, Wut, Aggression, Ausraster), müde Beine und immer wieder mal Suizid- sowie Gewaltgedanken. Vor allem letzere sind schlimm, weil sie eine derartige Angst auslösen und auf beinahe zwanghafte Weise in mein Hinterstübchen kamen! Das war und ist ermüdend, erschütternd und beängstigend.
Was mir auf diesem Weg half, war eine Therapie und meine Familie sowie Freunde. Vor allem auch, dass ich mir Wochenpläne machte und diese strikt einhielt, gab mir Ruhe und Orientierung. Dies kann ich nur empfehlen. Ich arbeite unregelmässig, lebe und wohne am selben Ort und bin deshalb besonders auf Struktur und Ordnung angewiesen (auch deshalb, weil ich sehr impulsiv und zerstreut sein kann).
Auch ist es wichtig, mir immer wieder „innerlich“ Mut zu zusprechen und mich zu loben (ich berühre dabei auch mal meine Arm oder drücke mir selbst die Schulter – taktile Sinne werden somit miteinbezogen und die Botschaft geht tiefer…)…ja, das klingt vielleicht komisch. Aber mir hilft es enorm (Selbstwertsteigerung).
Was für mich ein Dilemma bedeutet, ist die Tatsache, dass ich zwar gerne Sport treibe, ich mich aber seit des Absetzprozesses mehr und mehr müde, schlapp, ausgepowert fühle. Das ist teilweise enorm. Früher (mit 20 mg SSRI) bin ich auf jeden Berg gerannt. Hatte eine wirklich gute Kondition. Jetzt ist es manchmal so (gefühlt zumindest!), dass ich nach einem intensiven Spaziergang bereits enorm müde bin und auch mehr Scheiss-Gedanken kommen. Kennt das jemand von euch auch? Das ist schade, weil ich sehr gerne Sport treibe. Merke jedoch, dass es mir momentan meist besser geht ohne übertriebene Sportsettings…wie gesagt: ein Dilemma. Hab auch bereits 4-5 Kg zugenommen. Gut, ich es auch gerne Süsses und trink auch mal ein Bier (mit Medi!?…au weia…)
Allen Betroffenen da draussen! Wünsche euch viel Kraft und Mut!
arbeite und wohne am selben Ort. Kleiner Fehler im Text.
Hallo ! Ich leide seit einem Jahr an starken Absetzsymptome! Zum Beispiel Schwindel, Benommenheit, Unwirklichkeitsgefühl, Wahrnehmungsstörung …. ich könnte noch ne ganze Seite von den Symptomen auflisten ! Ich gehe durch die Hölle habe noch 2 kleine Kinder einen Mann der viel arbeitet !! Habe dadurch alle Freunde verloren ! Kann mir jemand helfen ! Gibt es Anlaufstellen oder Ärzte die sich auskennen ? Bin mega verzweifelt und meine größte Angst ist das es nie mehr verschwindet …. ich möchte so gerne wieder mein altes Leben zurück …. wer gibt mir ein bisschen Hoffnung?
Hallo Petra,
bitte hol dir Unterstützung unter http://www.adfd.org
Es wird wieder alles gut. Wir brauchen Zeit, das ist das Wichtigste.
Danke Morula
Liebe Moni.
Ich habe 15 Jahre lang ssris genommen die letzten 7 Jahre Citalopram. Ich habe über 1 Jahr lang Dosis reduziert bin jetzt seit 2 Wochen auf null. Ich fühle mich so dermaßen mies das es in Worte kaum zu schreiben ist. Ich könnte wegen jeder Kleinigkeit ausrasten. Bin Lärm empfindlich ständig gereizt und down. Die Liste könnte endlos weiter gehen. Ich weis gar nicht wie ich mein Leben Regeln soll. Es ist alles so verdammt schwer zu ertragen. Ich habe das Gefühl das es nur noch eine Frage der Zeit ist bis ich komplett ausraste. Ich stehe mit dem Ganzen Mist auch alleine da. Habe keine Stütze und hätte auch niemanden der dahinter stehen würde. Familie hat ja schon genug ertragen müssen durch meine langjährige Erkrankung. Alle 2 Woche ist meine Tochter mir. Selbst das wird jetzt zum Kampf. Ich muss mich
Zusammenreiße und möchte auch nicht das meine ex etwas davon mitbekommt. Wer weis wie sie bezüglich unserer Tochter reagieren würde. Wenn ich mir hier die Erfahrungen ansehe sehe ich noch schwärzer als schwarz.
Lg
Charly
Lieber Charly, tut mir leid, dass es dir im Moment so schlecht geht. In meiner Archiv-Kategorie „Psychopharmaka“ findest du jede Menge Ressourcen zu diesem Thema, ich hoffe, sie helfen dir weiter. Außerdem empfehle ich das ADFD-Forum stets gerne weiter, dort finden sich auch positive Erfolgsgeschichten und Ratschläge. Alles Liebe, Moni
Hallo zusammen,
vielen Dank zunächst für diesen kraftbringenden Blog und die mutigen Kommentare.
Ich hab 5 Jahre lang Cipralex genommen und mir in 2017 Zeit genommen das Teufelszeug auszuschleichen. Seit dem 16.3.18 bin ich frei davon… das ist sicher noch nicht so lang, wie bei euch anderen, aber ich bin froh, dass ich mich hier informieren konnte und vieles verstehen oder erklären kann, was in mir vorging und vorgeht.
Ich hoffe ich kann den Optimismus, den ich an den besseren Tagen habe, beibehalten und verliere ihn nicht. Gerade ist das Leben, das ich mir mit meinem Mann in den letzten Jahren aufgebaut habe eine poröse Glaskugel geworden, die zu zerbrechen droht. Es stellt sich einfach alles für mich infrage. Mir ist alles zu anstrengend, 5 Stunden arbeiten am Tag und den Rest des Tages Sofa, mein Hund kommt viel zu kurz und wehe irgendjemand will was von mir. Könnte ich, würde ich eine große Mauer um unser Grundstück ziehen, von zu Hause arbeiten und meine Lebensmittel liefern lassen, aber ich weiß, das ist nicht die Lösung!
Ich bin schon mal froh, dass die ersten Wochen mit Heulkrämpfen, Panikattacken, Schwindelattacken, Konzentrationsschwäche, Magen-/ Darmbeschwerden uvm. vorbei sind.
Mir helfen eine Heilpraktikerin und eine Hypnosetherapeutin mit Akupunktur und dem ein oder anderem Globuli (die ich zwar zur Sicherheit bei mir trage, aber bisher nur einmal genommen habe). Zu akzeptieren, das man nicvt mehr kann wie vorher und das man gemäß Blutbild vom Hausarzt kerngesund ist und trotzdem dauernd irgendwelche Beschwerden hat ist das Schlimmste…
Ich wünsche allen viel Erfolg beim Absetzen! Wir haben es bis hierher geschafft, wir schaffen es auch weiterhin, weil es sich lohnt, davon bin ich trotz aller Strapazen überzeugt!!!
LG Anna
Hallo,
Ich selbst bin nicht betroffen, aber mein Sohn ( heute 20 Jahre). Er hat gut 2 Jahre Duloxetin genommen. Bei seinem letzten klinikaufenthalt hat er es „ausgeschlichen“. Eigentlich wollten ihn die Ärzte umstellen, aber er wollte keine Medikamente mehr, was ich auch gut verstehen kann. Die ersten Wochen war auch alles okay aber dann ging es los gute 4 Wochen hatte er starke Kopfschmerzen mit augenflimmern. Nun seit über 9 Wochen Durchfall und nichts hilft. In den letzten 2Tagen 5 kg verloren… ganz zu schweigen von seiner mentalen Verfassung. Es zerreißt mir das Herz ihn so zu sehen….ich versuche ihn so gut wie möglich zu unterstützen, da zu sein …zu helfen….aber ich weiss nicht mehr weiter…vielleicht mag mir hier ja irgendwer erzählen, was dir in der Zeit ein wenig geholfen, oder das ganze ein wenig gelindert hätte….ich wäre über die eine oder andere Antwort sehr dankbar….