Gesunde Ernährung, regelmäßige Bewegung und Entspannungskurse, alles schön und gut, aber ich habe wirklich ein Problem!“
Ein Satz, den ich schon oft gehört habe.
Im heutigen Zeitalter prallen solche Empfehlungen in Krisensituationen an uns Menschen ab.
Sie wirken altmodisch oder wie ein netter Bonus, aber man wünscht sich doch eine richtige Lösung für das Problem – und zwar schnell.
Diese Haltung haben die meisten Menschen heutzutage.
Sie möchten die lästige Antriebslosigkeit schnell wieder loswerden, denn sie müssen in der Arbeit doch funktionieren und ihre Kunden mit Elan überzeugen.
Eine Panikattacke ist für die meisten ein so verstörendes Erlebnis, dass man sie nie wieder erleiden möchte, denn so kann man ja nicht weiterleben.
Und was werden die anderen über mich denken?“
Oder die Schlaflosigkeit. Der Koffeinkonsum steigt und das Wachliegen in der Nacht macht wütend und ungeduldig, bloß schnell weg damit!
Als Psychologin passe ich gut in ein Klischee: Ich denke viel über mich selbst nach, reflektiere und gehe Dingen gerne auf den Grund.
So war ich überrascht, als (im Laufe eines Praktikums vor einigen Jahren) einer Patientin empfohlen wurde, eine Psychotherapie zu beginnen und diese daraufhin antwortete:
So etwas brauche ich nicht, ich habe kein Problem, ich möchte nur schnell wieder schlafen können!“
Gleichzeitig habe ich sie aber auch verstanden…
Denn wer hat heute schon die Zeit, neben einer Vollzeit Anstellung, unzähligen Terminen und immer länger werdenden To Do Listen monatelang nach den Ursachen seiner Probleme zu forschen?
Die Vorstellung seine Ernährung umzustellen, sich täglich zu bewegen und zu meditieren scheint überwältigend und „zu einfach, als dass es funktionieren könnte“ zugleich.
Doch auf lange Sicht, ist es manchmal am besten, mit diesen simplen Methoden anzufangen.
Denn selbst bei einer medikamentösen Behandlung, bleibt einem das spätere Absetzen dieser Medikamente nicht erspart.
Währenddessen werden die Symptome zwar gedämpft, die Probleme aber bleiben.
Und oft holen sie einen wieder ein.
Das Gefühl hingegen, sich Zeit gelassen zu haben, seine Probleme ernst genommen und sie erfolgreich überwunden zu haben ist unbezahlbar.
Fünf einfache Methoden, um dir selbst etwas Gutes zu tun:
1. Ernährung
Gesunde, vitaminreiche Ernährung ist Treibstoff für unseren Körper.
Doch es zahlt sich auch aus, herauszufinden, welche Lebensmittel man vielleicht nicht verträgt – ohne es geahnt zu haben.
Lebensmittelunverträglichkeiten äußern sich oft durch Symptome, die psychischen Erkrankungen sehr ähnlich sind: Ob innere Unruhe und Anspannung, starke Müdigkeit und Niedergeschlagenheit, Schlafprobleme oder aggressive Impulse.
Ebenso kann der Konsum von zu viel Zucker (heutzutage steht Zucker leider in fast jeder Inhaltsstoffliste – nicht nur bei Süßigkeiten) den Blutzuckerspiegel aus der Balance bringen und zu Symptomen führen, die einer Angststörung gleichen.
2. Bewegung
Es gibt so viele verschiedene Formen der Bewegung.
Du musst nicht eine Stunde lang joggen, es reicht ein flotter Spaziergang.
Du kannst dich alleine bewegen oder Gruppensport ausüben, dynamische oder sanfte Sportarten betreiben.
Der Körper schüttet jedes Mal zahlreiche Hormone aus, die sich positiv auf die psychische Gesundheit auswirken.
Wenn du dich das nächste Mal so schwermütig fühlst, als würde dein Körper von zahlreichen Gewichten nach unten gezogen werden, dann kannst du gerne Folgendes ausprobieren:
Stehe auf (auch wenn es wirklich schwer ist) und gehe eine halbe Stunde spazieren. Die ersten Schritte oder auch die ersten 20 Minuten können sich unerträglich anfühlen, aber oftmals führt die Bewegung dann doch zu einer Besserung der Stimmung.
Dies ist sicherlich kein Wundermittel, aber es zählt zu den kleinen Dingen, die du für dich selbst tun kannst – jederzeit und kostenlos.
3. Entspannung
Ob während der Meditation, beim Praktizieren von Yoga oder bei einem Hobby (wie dem Zeichnen oder Stricken) – es ist mittlerweile durch zahlreiche Studien belegt worden, dass sich regelmäßige körperliche Entspannungsreaktionen positiv auf Körper und Geist auswirken.
4. Kontakte
Du musst deinen Weg nicht alleine gehen, solltest du auch nicht.
Je nachdem, was dir angenehmer erscheint, rate ich dir, dich einem Freund oder einem Therapeuten anzuvertrauen.
Und unter Menschen zu gehen.
Die soziale Verbundenheit ist ein Faktor, der bei Selbsthilfegruppen und Gruppentherapien zu einem Gefühl von Verständnis und Unterstützung führt und oft neue Impulse aufzeigen kann.
Du bist sicherlich nicht der Einzige in deinem Umfeld, der mit Problemen zu kämpfen hat. Offenheit führt dazu, dass sich deine Mitmenschen ebenso öffnen werden.
Manchmal erfährt man auf diese Art und Weise, dass Personen, die man bewundert (oder beneidet) hat, ihre eigenen Schattenbereiche haben.
5. Einstellung
Von den eigenen Gedanken hängt vieles ab.
Mit welcher mentalen Einstellung du an Probleme herangehst, entscheidet darüber, ob du dich selbst unterstützt oder es dir zusätzlich schwer machst.
Achte bei diesem Beispiel (einer schüchternen Person) auf die Unterschiede in den Gedankengängen:
Ich bin ein Versager, die anderen werden sicher gleich merken, wie verrückt ich bin! Wäre ich bloß zu Hause geblieben, ich schaffe das normale soziale Leben nie!“
oder
Wohl fühle ich mich hier nicht gerade. Vor mir liegt noch ein langer Weg, aber ich werde ihn langsam Schritt für Schritt gehen. Ich habe mich getraut und bin jetzt hier, darauf kann ich stolz sein! Irgendwann werde ich mich auch entspannt dabei fühlen, es muss nicht sofort sein!“
Fällt dir noch eine unkomplizierte und unterschätzte Methode ein, sich selbst etwas Gutes zu tun? Ich freue mich über Kommentare!
Wie richtig das ist!!!
Ich erkenne mich in fast jedem Satz wieder!
Auch ich habe letztendlich Ängste und Depressionen zum großen Teil durch ganz simple Beherzigung einer gesunden Lebensführung überwunden. Ich habe mir auch einfach mal erlaubt, mir die nötige Zeit zu nehmen, um einigen Problemen mit professioneller Unterstützung auf den Grund zu gehen. Selbst nach -zig Jahren ist es möglich, dass man nicht verarbeitete Lebenserfahrungen überwinden und transformieren kann. Es bedeutet am Ende eine ganz enorme persönliche Stärkung.
Medikamente würde ich nur noch in einer schweren Krise so lang wie unbedingt nötig und sehr behutsam dosiert einnehmen. Denn ansonsten ist schnell eine zusätzliche Problematik vorprogrammiert. Auch diese Erfahrung blieb mir nicht erspart. Momentan gelingt mir im zweiten Versuch ein langatmiges Ausschleichen.
Es ist enorm wichtig zu erkennen, dass die Kraft im eigenen Inneren liegt. Wunderpillen gibt es nicht.
Liebe Monika!
Danke für deine Erfahrungen und die schönen Worte. Du scheinst am richtigsten Weg zu sein und ich freue mich, dass es funktioniert 🙂
Eine Heilung von Ängsten und Depressionen ist ein schwieriger Weg mit vielen Herausforderungen, aber genau wie du es beschreibst: Es bedeutet am Ende eine persönliche Stärkung. Und die kann einem niemand mehr nehmen.
(Ich habe mich auch sehr über deine E-Mail gefreut, leider brauche ich diesmal ein bisschen länger zum Antworten, da ich gerade erkältet bin und wenig am Computer)
Liebe Grüße, Moni
Übrigens halfen mir folgende unkomplizierte und unterschätzte Methoden beim Überwinden meiner Erkrankung:
– was habe ich als Kind schon gern gemacht und vielleicht viele Jahre vergessen?
Z.B. Malen mit Pastellkreide ( damit halte ich manchmal meine Träume fest und kann
sie vielleicht deuten )
– Musik hören, singen ( auch wenn es nur unter der Dusche ist )
– Handarbeiten zum entspannen und beruhigen
– lesen von psychologischer Fachliteratur nach recherchieren von Lesermeinungen. So
stelle ich fest, welches Buch wahrscheinlich für mich geeignet ist. Mein Tip: Der
Autor solle vor allem einfühlsam und optimistisch schreiben.
– selbst das Schreiben ausprobieren. Es muss ja kein literarisches Werk entstehen. Ich
habe meine Lebensgeschichte in Wort und Bild festgehalten und dadurch eine große
Stabilisierung meiner Identität und meines Selbstbewusstseins erfahren.
– Achtsamkeit immer wieder bewusst trainieren bei alltäglichen Tätigkeiten, z.B. beim
Kochen, Putzen 😉
– ganz wichtig ist für mich der Austausch mit „Leidensgenossen“, immer wieder zu
erfahren, dass die Erkrankung zwar schlimm und leidvoll, letztendlich aber auch sehr
stärkend und bewusstseinserweiternd sein kann. Feststellen, dass es Jeden treffen
kann, man nicht minderwertig ist oder versagt hat. Vielleicht gründet man eine
Selbsthilfegruppe oder schließt sich einer bestehenden an
– sich ab und zu belohnen, z.B. mit einem Kinobesuch, einem schönen neuen
Kleidungsstück, einem Café- oder Restaurantbesuch, an kulturellen Veranstaltungen
teilnehmen
– möglichst viel Tageslicht einfangen
Vielleicht war der ein oder andere Impuls dabei.
Mich sprang der Halbsatz „zu einfach, als dass es funktionieren könnte“ gerade an. Ich finde diese grundlegenden Dinge überhaupt nicht einfach – schon gar nicht sie von heute auf morgen zu ändern. Meine Psyche hängt ganz stark mit diesen Dingen zusammen. Wenn es mir aufgrund einer depressiven Phase schlecht geht, dann esse ich unregelmäßig, viel fettig und süß und kann keinen richtigen Tagesrhythmus einhalten. In solchen Phasen scheint es mir unmöglich an meiner Ernährung irgendwas zu ändern. Auch Entspannung oder Meditation in den Tag zu bauen ist eine Heidenarbeit. Das sollte keiner unterschätzen 😉
Trotzdem finde ich deine Methodenvorschläge echt gut. Sich immer wieder motivieren dranzubleiben, neu zu beginnen und fortzufahren. Ein Scheitern ist nicht gleich ein komplettes Scheitern!
Liebe Grüße
Annie
Hallo Annie, Danke für deine Worte dazu. Du hast absolut Recht – Personen, die es nicht selbst erlebt haben, können sich kaum vorstellen, wie schwierig ein „normaler Alltag“ bzw. Selbstfürsorge in depressiven Phasen sein kann. Ich schaue gerne auch auf deinem Blog vorbei, schön, ihn entdeckt zu haben 🙂 LG Moni