Auf Wunsch mehrerer Leser möchte ich von Zeit zu Zeit wieder Texte übersetzen, die direkt aus den Beratungszimmern von Psychotherapeuten stammen. Erfahrungsberichte anderer Betroffener, die erzählen, was ihnen geholfen hat inklusive des Expertenblickes aus der Praxis.
Diesen Artikel habe ich aus dem Englischen übersetzt.
Depressionen werden meistens mit Psychotherapie oder Medikamenten behandelt.
Die Zusammenarbeit mit einem Experten ist für die Behandlung einer Depression ausschlaggebend.
Doch es gibt auch zusätzliche Methoden, die helfen können.
Die folgenden Ratschläge wurden von Catherine Sly, Selena Snow und Peggy Burns erstellt, welche im Bereich Beratung, klinische Psychologie und Psychotherapie arbeiten. Die meisten ihrer Klienten kämpfen mit Depressionen, Ängsten oder Beziehungsproblemen. In der Arbeit mit Betroffenen integrieren sie gerne alltägliche Routinen und Lebensstiländerungen und setzen nicht nur auf die einmal die Woche stattfindenden Beratungen und Gesprächstherapien. Für die Betroffenen ist es wichtig, zu fühlen, dass sie selbst etwas dafür tun können, sich besser zu fühlen und gesund zu werden.
Hier nun einige Strategien, welche die Expertinnen aus der Erfahrung ihrer beruflichen Tätigkeit als hilfreich erachten.
Mehr Unternehmen.
Ein entscheidender Bereich der Psychotherapie fällt bei der Behandlung von Depressionen in die Verhaltensaktivierung, was bedeutet, dass das Aktivitätsniveau der Betroffenen gesteigert wird und somit auch ihre Erfahrung von Kontrolle über die Situation, Freude und angenehme Erlebnisse steigt.
Das ist besonders wichtig, da eine Depression die Energie und Motivation stark verringert und man sich gefühlsmäßig eher isolieren möchte. Doch damit setzt man einen Teufelskreis in Gang: Je mehr man sich isoliert und Unternehmungen vermeidet, desto depressiver fühlt man sich und desto weniger wahrscheinlich ist es, dass man sich an Aktivitäten beteiligen wird, die den Zustand verbessern könnten. Fälschlicherweise denkt man, man würde wieder aktiver werden, sobald es einem besser geht. Doch je mehr Zeit man im Bett verbringt, desto eher hat man das Verlangen, im Bett zu bleiben. Eine Verhaltensänderung zieht eine Änderung der Emotionen nach sich. Neue Aktivitäten helfen dabei, sich mit der Umgebung zu vernetzen und steigern das Gefühl, sich selbst helfen zu können. Das verringert Hilf- und Hoffnungslosigkeit.
Ein Tipp ist es, spezifische Aktivitäten für bestimmte Tage und Uhrzeiten einzuplanen (sich einen Stundenplan zu erstellen) und Lösungen für Hindernisse aufzuschreiben, die dabei entstehen können (sich zum Beispiel mit einer Freundin einen Spaziergang auszumachen, um auch wirklich spazieren zu gehen). Ebenso wichtig ist es, sich realistische Ziele zu setzen und kleine, machbare Schritte zu gehen. Wenn du beispielsweise keinen Sport machst, wäre es gut, mit einem 15-minütigen Spaziergang mit deinem Partner oder einem Freund um 9:00 Uhr früh am Samstag zu beginnen. Wenn du dieses Ziel erreicht hast, kannst du die Dauer und Häufigkeit langsam steigern.
Freiwilligenarbeit.
Es wird empfohlen, eine Organisation zu finden, welche den persönlichen Werten entspricht und unterstützt werden kann. Freiwillige Arbeit verbindet dich mit anderen Menschen und hilft dabei, einen Sinn im Alltag zu finden, was die Stimmung steigern kann.
Neue Aktivitäten ausprobieren.
Backen, Kochen, Aufräumen, ein Kunstprojekt beginnen – alles, was den Geist in eine andere Richtung bewegen und von düsteren Gedanken ablenken kann, ist sinnvoll. Ein Instrument spielen, eine Collage erstellen, Dehnen oder Tanzen. Du könntest ein Fotoprojekt starten und jeden Tag ein Foto von einer Sache machen, die dich lächeln lässt. Solche Aktivitäten lenken die Aufmerksamkeit in eine andere Richtung und senken die Anspannung im Körper.
Wenn sich solche Vorschläge zu anstrengend anhören, fang auch hier klein an.
Gute Schlafgewohnheiten.
Schlaf ist für die Erholung besonders wichtig, eine Depression verursacht oft Schlafprobleme oder das Gefühl, nie genügend Schlaf zu bekommen. An manchen Tagen ist man zu müde, um aufzustehen und das nach 12 Stunden Schlaf. An anderen Tagen liegt man um 3:00 nachts wach.
Doch es gibt Methoden, die du ausprobieren kannst, um das zu ändern. Versuche jeden Tag ein bisschen an die frische Luft und ans Tageslicht zu gehen; gehe jeden Tag zur selben Zeit schlafen und stehe zur gleichen Zeit auf; setze auf Tätigkeiten, die Entspannung vor dem Schlafengehen fördern, wie ein warmes Bad, ruhige Musik oder ein Hörbuch.
Weniger Zeit vor einem Bildschirm.
Vor allem abends tut es dem Körper und der Stimmung gut, auf Bildschirme jeglicher Art zu verzichten (Fernseher, Computer, Handy). Social Media Plattformen wie Instagram sind dafür bekannt, ein Gefühl von Isolation, niedrigem Selbstwertgefühl und Depression zu fördern. Das Handy aus dem Schlafzimmer zu verbannen und E-Mail und Social Media Apps zu entfernen, kann dabei helfen, die Nutzung zu verringern.
Die Hand ausstrecken.
Unter Menschen zu gehen kann sich in einer depressiven Phase besonders unangenehm anfühlen, da man das Gefühl des Ausgeschlossen Seins unbedingt verringern möchte und es gleichzeitig kaum schafft, eine Verbindung herzustellen. Folgende Überlegung kann helfen: Bei welcher Tätigkeit und mit welchen Menschen habe ich mich wohl gefühlt, als es mir besser ging? Es lohnt sich, Kontakt zu diesen Personen herzustellen und sich etwas auszumachen.
Die eigenen Stärken nicht vergessen.
Erinnere dich an eine schwierige Zeit in deinem Leben, in welcher du vor Herausforderungen gestanden bist, die du jedoch gemeistert hast. Wenn du es einmal geschafft hast, wirst du es erneut schaffen.
Ein Mantra, das dich an deine innere Stärke erinnert, kann helfen. Zum Beispiel: Ich glaube an mich, ich kann das schaffen; Ich verdiene es, gesund zu werden; Ich setze kleine Schritte zu einem gesunden Lebensstil; Ich bin mein eigener Held.
Denk an dein Mantra, wenn du spazieren gehst oder wenn es dir schwer fällt, aus dem Bett aufzustehen.
Um Hilfe bitten.
Während einer depressiven Phase kann es sich anfühlen, als würde man bergauf laufen, wenn man versucht, seinen Alltag normal fortzusetzen. Gib dir die Erlaubnis, um Unterstützung zu bitten. Wenn du dich dadurch besser fühlst, bitte um eine Pause, eine Umarmung oder Hilfe bei einer Tätigkeit.
Negative Gedanken akzeptieren.
Wenn man einen negativen Gedanken akzeptiert, lässt man ihn zu und dadurch wieder gehen. Hier ein Beispiel: Wenn du der Überzeugung bist, ein Versager zu sein, kannst du denken: „Ich denke, dass ich ein Versager bin“ oder du überlegst: „Hilft mir dieser Gedanke? Stimmt diese Überzeugung?“ Und vergiss nicht: Du bist nicht deine Gedanken.
Probiere eine Strategie aus, die sich für dich stimmig anfühlt. Was für dich funktioniert, hängt von deinem Heilungsverlauf ab. Es hängt davon ab, wie ausgeprägt deine depressiven Symptome im Moment sind und mit welchen Einschränkungen du zu kämpfen hast.
Wir sind alle unterschiedlich, so auch unser Weg zur Besserung.
Und vergiss nicht: Du tust, was du kannst. Du gibst dein Bestes. Und das ist genug.
Hast du weitere Ratschläge? Ich freue mich über Kommentare!
Wir leben in einer leicht schizophrenen Gesellschaft. Depressive, die weniger Zeit vorm Bildschirm verbringen, könnten z.B. diesen Beitrag nicht lesen… just sayin‘.
Da hast du natürlich Recht! Die Frage ist immer, was man vor dem Bildschirm macht und wie lange. Stundenlang durch Facebook zu scrollen wird einem nicht gut tun, sich über Facebook aber mit alten Freunden verbinden und ein Treffen ausmachen ist schon ein besserer Einsatz. Lg